Bankenunion – Risikoabbau in den Fokus rücken
von fpmi
Seit der Finanzkrise ist das europäische Bankensystem stabiler und krisenfester geworden. Dazu haben maßgeblich die Errichtung einer Bankenunion, d. h. die Errichtung einer gemeinsamen Bankenaufsicht (SSM) und eines gemeinsamen Bankenabwicklungsmechanismus (SRM), sowie der Aufbau zusätzlicher Eigenkapitalpuffer bei den Banken beigetragen. Ungeachtet dieser Fortschritte bestehen weiterhin erhebliche Risiken im europäischen Bankensystem. Noch immer belasten 786 Mrd. Euro an notleidenden Krediten die Bilanzen der europäischen Banken. Die Problemkredite sind sehr ungleich verteilt: Schwächelnde Euroländer wie Italien und Griechenland sind deutlich stärker betroffen als wirtschaftlich gesunde Volkswirtschaften. Auch sind Banken und Staaten weiterhin eng verflochten, was im Krisenfall die Stabilität des Finanzsystems gefährdet.
Vor diesem Hintergrund haben sich die Euro-Finanzminister im Juni 2019 abermals dazu bekannt, dass vorrangig überhöhte Risiken abgebaut werden müssen, bevor es zur Vergemeinschaftung von Bankrisiken in Form einer zentralisierten EU-Einlagensicherung (EDIS) kommen kann. Im Dezember 2019 werden die Finanzminister voraussichtlich erneut über den seit 2016 diskutierten EDIS-Vorschlag beraten. Bis dahin will die Eurogruppe einen Fahrplan für die Aufnahme politischer Verhandlungen über eine EU-Einlagensicherung entwickeln.
Die fpmi tritt für einen konsequenten und nachhaltigen Risikoabbau ein. Eine Vergemeinschaftung der Einlagensicherung in Europa lehnt sie dagegen ab. Angesichts der ungleich verteilten Altlasten käme EDIS einem Transfersystem gleich, welches die Kosten einer verfehlten Wirtschafts- und Finanzpolitik in einzelnen Mitgliedsstaaten auf die europäische Gemeinschaft abwälzt. Das trifft nicht nur für die vorgeschlagene Vollversicherung zu, sondern auch für die diskutierten Rückversicherungsmodelle. Ein europaweit hohes Schutzniveau für Sparer gewährleistet bereits die 2014 beschlossene EU-Einlagen-sicherungsrichtlinie (DGSD), die zugleich der erwiesenen Leistungsfähigkeit nationaler Sicherungssysteme Rechnung trägt. Weitergehende Maßnahmen zur Regelung der Einlagensicherung sind nicht erforderlich. Statt über die Teilung von Haftungsrisiken in Europa nachzudenken, müssen überhöhte Risiken reduziert und einem erneuten Risikoaufbau vorgebeugt werden.
Folgende Aspekte sind bei dieser Debatte zu beachten:
- Probleme auf nationaler Ebene bewältigen: Weil die überhöhten Risiken maßgeblich durch politische Fehlentscheidungen und Fehlentscheidungen einzelner nationaler Kreditinstitute auf Ebene einzelner Mitgliedsstaaten hervorgerufen wurden, muss der Risikoabbau nun ebenfalls auf nationaler Ebene bewältigt werden.
- Altlasten abbauen: Um den EU-weiten hohen Bestand an notleidenden Krediten zu senken und dem anderer Wirtschaftsräume anzugleichen, sollte sich die EU ehrgeizige und konkrete Ziele stecken.
- Instrumente der Bankenaufsicht entschlossen und zielgerichtet einsetzen: Die Bankenaufsicht muss den Abbau notleidender Kredite dort vorantreiben, wo erhöhte Risiken bestehen.
- Gläubigerhaftung stärken: Bankgläubiger müssen konsequent an der Finanzierung von Sanierungen und Abwicklungen beteiligt werden, um staatliche Rettungsaktionen oder eine Vergemeinschaftung der Abwicklungslasten zu verhindern.
- Insolvenzrecht verbessern: Das Insolvenzrecht in den Eurostaaten muss harmonisiert werden, ohne Abstriche beim Gläubigerschutz zu machen. Die Leistungsfähigkeit der Justiz sollte zudem gestärkt werden.
- Wachstum beleben: Um das Wachstum anzukurbeln und Kreditausfallrisiken vorzubeugen, müssen die Euroländer Strukturreformen umsetzen.
- Staatsfinanzierung angemessen regulieren: Kredite an europäische Staaten, die bisher ohne jegliche Unterlegung mit Eigenkapital ausgereicht werden, müssen ab dem ersten Euro risikoorientiert mit Eigenmitteln abgesichert werden.
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Bayern mit seinem Zentrum München ist einer der bedeutendsten Finanzplätze Europas, der größte Versicherungsplatz Deutschlands, der zweitgrößte deutsche Bankenstandort und führend für Private Equity, Venture Capital, Leasing sowie Asset Management. In der Finanzplatz München Initiative haben sich alle wichtigen Unternehmen, Verbände, Institutionen sowie wissenschaftliche und staatliche Einrichtungen aus der Finanzbranche zusammengeschlossen, um mit einer Stimme zu sprechen. Gegründet 2000 unter maßgeblichem Engagement des bayerischen Wirtschaftsministeriums zählt die Initiative heute knapp fünfzig Teilnehmer und damit mehr als jede andere Finanzplatzinitiative in Deutschland.
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