MiFID II/PRIIPs: Kunden entlasten – Kapitalmarkt stärken
von fpmi
Etwa 18 Monate nach Geltungsbeginn der MiFID II-Richtlinie und der PRIIPs-Verordnung ist festzustellen, dass auf allen Seiten Unzufriedenheit herrscht. Kreditinstitute, Versicherungen und Honorarberater ziehen sich aus einzelnen Geschäften zurück, die ökonomisch nicht mehr lohnenswert sind. Die Beratung in einzelnen Aktien ist stark zurückgegangen. Etliche Emittenten stellen notwendige Produktinformationen für Privatkunden nicht mehr zur Verfügung. Das hat zur Folge, dass sich die Vielfalt der Angebote für die Privatkunden am deutschen Markt reduziert und der Status Quo verschlechtert hat. Zudem werden die Neuregelungen von MiFID II im Bereich der Anlegerinformation und Transparenz von den Kunden vielfach nicht als Mehrwert, sondern als Störfaktor wahrgenommen. In der Konsequenz ziehen sich die Verbraucher vom Kapitalmarkt zurück und konzentrieren sich stattdessen auf unkomplizierte Anlageformen wie Tages- oder Festgeld.
Diese Auswirkungen widersprechen dem erklärten Ziel des europäischen Gesetzgebers, mit der Schaffung einer Kapitalmarktunion die Beteiligung von Privatanlegern am Kapitalmarkt zu stärken. Langfristig schaden die neuen Vorgaben zudem einer ausgewogenen Altersvorsorge, die neben staatlicher und betrieblicher Rente auch auf eine private Vorsorge mit Aktien und weiteren Wertpapieren setzt. Den sehr hohen Implementierungs- und Unterhaltskosten bei den Instituten steht damit kein adäquater Nutzen für die Kunden gegenüber. Zudem ist aus Sicht der Börse festzustellen, dass das weitestgehende Außerachtlassen der außereuropäischen Handelspraxis zu erheblichen Wettbewerbsnachteilen auf dem europäischen Kapitalmarkt führt. Darüber hinaus besteht hinsichtlich der Proportionalität und des Level Playing Fields Anpassungsbedarf.
Die fpmi regt daher an, die Erfahrungen der Finanzwirtschaft im Umgang mit MiFID II und PRIIPs im weiteren politischen Dialog zu berücksichtigen. Zudem will die fpmi mit nachfolgendem Positionspapier einen konkreten Beitrag zum anstehenden Review von MiFID II und PRIIPs leisten. Die zentralen Forderungen der fpmi lauten:
1. Anlegerinformationspflichten stringent und einheitlich gestalten. Redundante und zusätzliche nationale Informationspflichten sollten gestrichen werden. Zudem sollten Informationspflichten nach verschiedenen Anlegerklassen differenziert werden können. Die telefonische Beratung darf nicht regulatorisch benachteiligt werden. Der uneingeschränkte Zugang von Privatanlegern zu vielfältigen Anlagemöglichkeiten muss durch eine Einschränkung des Anwendungsbereichs der PRIIPs-VO sichergestellt werden.
2. Wertpapieranlageberatung für alle Kundengruppen erhalten. Die Investition in Wertpapiere sollte als wesentliches Element der privaten Altersvorsorge auch für Kleinanleger attraktiv bleiben.
3. Der Aufklärungsgehalt der Performance-Szenarien gemäß der PRIIPs-Verordnung ist zu verbessern. Dazu sollte der vergangenheitsbasierte Performance-Ansatz überarbeitet werden. Ein „Was wäre wenn-Ansatz“ auf Basis transparenter Annahmen würde der Warnfunktion besser gerecht werden.
4. Zur Stärkung des europäischen Kapitalmarktes sollten außereuropäische Handelspraktiken berücksichtigt werden. Dazu sollten bei der Ermittlung von Tick Sizes außereuropäische Handelsplätze einbezogen werden, fehlende LEI von Drittstaaten-Emittenten nicht zum Delisting der betroffenen Wertpapiere führen und das Transaktionsreporting durch diese Emittenten direkt an die nationalen Behörden ermöglicht werden. Vorschriften zur Regulierung des Hochfrequenzhandels sollten nur Handelsplätze adressieren, an denen Hochfrequenzhändler aktiv werden können (Proportionalität) und Systematische Internalisierer denselben Vorschriften unterworfen werden, die für regulierte Märkte gelten (Level Playing Field).
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Bayern mit seinem Zentrum München ist einer der bedeutendsten Finanzplätze Europas, der größte Versicherungsplatz Deutschlands, der zweitgrößte deutsche Bankenstandort und führend für Private Equity, Venture Capital, Leasing sowie Asset Management. In der Finanzplatz München Initiative haben sich alle wichtigen Unternehmen, Verbände, Institutionen sowie wissenschaftliche und staatliche Einrichtungen aus der Finanzbranche zusammengeschlossen, um mit einer Stimme zu sprechen. Gegründet 2000 unter maßgeblichem Engagement des bayerischen Wirtschaftsministeriums zählt die Initiative heute knapp fünfzig Teilnehmer und damit mehr als jede andere Finanzplatzinitiative in Deutschland.
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